Kaninchen hüpfen durch die Welt
Als der kleine Flitzer, der mit Hilfe der Phönizier und der alten Römer keinem geringeren Land als Spanien seinen Namen gab, von der iberischen Halbinsel in die Welt auszog und dabei auch zu uns kam, begann die beispiellose Haustier- Karriere des Wildkaninchens - nicht zu verwechseln, mit seinem weitläufigen Vetter, dem Feldhasen. Vornehmlich französische Mönche waren es, die den kulleräugigen, anpassungsfähigen kleinen Naturburschen in ihren Klostergärten domestizieren und somit zum Haustier machten. Durch Mutationen (natürliche, sprunghafte Veränderungen des Erbgutes) insbesondere in Fellfarbe, Größe und der Körperform, entstanden zahlreiche Rassen. Unter menschlicher Obhut konnten diese Tiere, im Gegensatz zur freien Wildbahn, nicht nur überleben, sondern sich auch vermehren.
So entstanden ab etwa 100 n.Chr. langsam rasseähnliche Typen. Über das Vorkommen von schwarzen, blauen, gelben, weißen und gescheckten Tieren wird bereits im 16. Jahrhunderts in Belgien, Frankreich, Holland, England und insbesondere auch im deutschsprachigen Raum berichtet. Heute steht die Rassekaninchenzucht fast überall auf einem hohen Niveau. Allein bei uns in Deutschland werden derzeit ca. 98 verschiedene Rassen in ca. 371 Farbenschlägen planmäßig von etwa 160.000 Mitgliedern des Zentralverbandes Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter e.V. (ZDRK) gezüchtet und betreut.
Kaninchen in der Kunst, Wissenschaft und Forschung
Seit Beginn seiner Umzüchtung zum Haustier, etwa 300v.Chr., war das Kaninchen ein beliebtes Objekt der Kunst, Wissenschaft und Forschung. Wussten Sie z.B., dass sich Konfuzius, Rembrandt, Darwin und Mendel mit Kaninchen beschäftigten haben? In neuster Zeit hat sich insbesondere Dr. Heinrich Niehaus (+1985) intensiv mit Kaninchen wissenschaftlich beschäftigt. Nachstehend zwei Auszüge aus einem 1986, im Verlag Oertel + Spörer, Reutlingen, erschienenen Buch "Unsere Kaninchenrassen":
"Die Hauptgründe für die von Jahr zu Jahr ansteigenden Zahl der Rassekaninchenzüchter und Halter von Kaninchen als Heimtiere sind jedoch ideeller Natur: So bietet die Haltung von Kaninchen die Möglichkeit einer sinnvollen, interessanten und schöpferischen Freizeitgestaltung. Sie gewinnt mit zunehmendem Stress im Beruf, der monotonen Fließbandarbeit, verkürzter Arbeitszeit bei Berufstätigen, besonders für Arbeitslose, Behinderte, Rentner und Pensionäre immer noch mehr an Bedeutung. Der enge Kontakt mit den Tieren fördert die Liebe zur lebenden Kreatur und damit auch zum Mitmenschen. Der Züchter nimmt unmittelbar an den biologischen Vorgängern bei der Fortpflanzung, Vererbung, Entwicklung, Ernährung, Krankheiten und den Verhaltensweisen der Tiere teil.
Satinkaninchen eignen sich besonders als Demonstrationsobjekte für Kinder und Jugendliche, um sich in die Wunderwelt des Lebens einzuführen und dabei ganz ungezwungen die analog beim Menschen verlaufenden Vorgänge zu erklären. Lehrer haben damit bereits gute Erfahrungen gemacht. Auch der erzieherische Wert der bei der Haltung und Pflege der Kaninchen zu übernehmenden Pflichten und Eigenverantwortung sollte nicht unterschätzt werden. Das Bedürfnis nach Zärtlichkeit, die Sehnsucht nach einem Partner, der sich unterordnet, der zusätzlich Kontakt mit dem kuscheligen Fell, der Spieltrieb, der Umgang mit dem stets munteren Gesellen und die Möglichkeit, seine Probleme einem schweigenden Partner anzuvertrauen, sind weiter Gründe, sich Kaninchen als stets zugängliche Hausgenossen zu halten".
Die Veranstaltungen der Kleintier-/Kaninchenzuchtvereine bieten ebenfalls Gelegenheit, andere gleich gesinnte Menschen kennen zulernen, in fröhlicher Runde Sorgen zu vergessen, Erfahrungen auszutauschen und durch gute Fachvorträge die Kenntnisse zu erweitern. Zu den Veranstaltungen der Vereine gehören als Höhepunkte auch die Kaninchen-Ausstellungen auf Orts-, Kreis-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene. Sie bieten dem Züchter Gelegenheit, seine Tiere durch geschulte Preisrichter bewerten zu lassen., Vergleiche mit den Tieren anderer Züchter anzustellen, Tiere kaufen oder zu verkaufen und an den gesellschaftlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Gestern
Helfer in höchster Not und Diener der Wissenschaft
Heute
Freizeitgestaltung mit dem Kaninchen, als anerkanntes landwirtschaftliches Nutztier, ohne Gewinnausrichtung, mit hohem Freizeitwert und gesellschaftlicher Verantwortung.
Noch während und nach den letzten Weltkriegen war das Kaninchen durch seine vorzüglichen Eigenschaften in der Tat Helfer in höchsten Notzeiten. In kürzester Zeit erzeugte der Mensch aus nicht verwertbaren Futtermitteln hochwertiges Fleisch. Für unterversorgte Entwicklungsländer hat das Kaninchen heute noch eine nicht unerhebliche Bedeutung. Es wird verstärkt als "Nahrungsmittel" in Ländern der Dritten Welt eingesetzt. Unbestreitbar sind auch seine großen Verdienste für die Wissenschaft bei der Erforschung etlicher menschlicher Krankheiten.
Heute werden Rassekaninchen von den 160.000 Mitgliedern des ZDRK in tierschutzgerechten Stallanlagen gezüchtet. Der wirtschaftliche Aspekt hat sich in den letzten Jahren zugunsten der ideellen Werte verlagert. Aber immer dann, wenn es "Notzeiten" gibt - und die waren auch in jüngster Zeit in Form von "BSE, MKS" und anderen nahrungsbedingten Verunsicherungen hoch aktuell - wird das Kaninchen als Fleischlieferant vermehrt eingesetzt und gezüchtet. Das nährstoffreiche, fettarme und diätisch hochwertige Kaninchenfleisch ist eine echte Alternative zu anderen Fleischarten. Die platzsparende Haltung, die kurze Tragezeit, die verhältnismäßige kurze Haltungszeit bis zur Schlachtreife sowie die gute und vielseitige Futterverwertung sind hervorragende angeborene Eigenschaften unserer Kaninchen. Darunter gibt es Rassen, die mit einer optimalen Futterverwertung und einem relativ geringen Ausschlachtungsverlust besonders geeignet sind.
Stand früher überwiegend die Erzeugung von eiweißreichem Weißfleisch, für die Ernährung der Familien im Vordergrund, so ist seit etwa 1960 auch eine Verstärkung der sozialen Komponente feststellbar. Rassekaninchenzucht heute ist aktive Freizeitgestaltung mit dem Kaninchen, als anerkanntes landwirtschaftliches Nutztier, ohne Gewinnausrichtung und trägt dazu bei, auch durch den Erhalt von Genreserven, die Vielfalt unserer Natur und Umwelt zu erhalten
Die Unterbringung der Kaninchen erfolgt heute in tierschutzgerechten, modernen Stallanlagen, die auch der Repräsentation dienen können. Die mit der Rassekaninchenzucht verbundene Mitgliedschaft in unseren Ortsvereinen fördert die Pflege der Gemeinschaft über alle Generationen in der Gesellschaft. In der Jugendarbeit haben neben der Rassekaninchenzucht, der Gemeinschaftssinn und die Verbundenheit zur belebten Natur einen hohen Stellenwert.
Eine Rassekaninchenzucht, die nach den Empfehlungen des ZDRK erfolgt, stellt für die Umwelt keine Belastung, sondern eine Bereicherung besonders im Hinblick auf Kinder und Jugendliche dar. Die allgemein zunehmende Verfremdung von der belebten Natur erfordert eigentlich Rassekaninchen-, oder Kleintierzucht in Wohngebieten. Für den Rassekaninchenzüchter selbst bedeutet dies einen hohen Freizeitwert und für das Umfeld, wenn z.B. die Stallanlagen in einer Zuchtanlage eingebunden sind, eine kleine Oase um die Natur aktiv zu erleben. Auch mit einfachen Mitteln kann eine Stallanlage, unter Beachtung der gültigen Tierschutzgesetze, gebaut und damit die Voraussetzung zur freizeitlichen Rassekaninchenzucht geschaffen werden. Die vielen örtlichen Kaninchen-, oder Kleintierzüchtervereine helfen und beraten alle Interessierten gerne. Der ZDRK als Züchterorganisation hält dazu Informationsmaterial bereit und. schafft durch bundesweite Fortbildungsveranstaltungen einen aktuellen Wissensstand.